Foto von Fortuna-Spielern

Düsseldorf in einer Fernsehserie um 1900

Fast-WM-Städte 2006

Die Vereine unserer Großväter: Fortuna Düsseldorf

Vielen unserer Leser ist die Stadt Düsseldorf ein Begriff. Sie verfügt über eine jährliche Messe für Unterwäsche und vergleicht sich deshalb gerne mit Mailand. Die Anzahl ihrer Bewohner liegt etwas über der von Bochum oder Pirmasens, weshalb sich Düsseldorf stolz als Metropole bezeichnet. Auch sonst ist der Landeshauptstädter von Nordrhein Westfalen bescheiden. Man begnügt sich damit, ein Bier-Surrogat namens Alt anstelle eines ordentlichen Pilses zu konsumieren, feiert eine kleinere Variante des Kölner Karnevals und trägt an der Stelle, wo andere namhafte Städte wie Bremen, Stuttgart oder Dortmund, ja selbst Großdörfer wie Mönchengladbach, Kaiserslautern oder Gelsenkirchen einen Bundesligisten aufweisen, nur nackte Haut. Das war nicht immer so, wie mir mein Opa verraten hat. Das Köln für Heterosexuelle war in längst vergangenen Jahren einmal erstklassig. Jedenfalls im Fußballsport.

Mit Paul Janes und seinen 71 Länderspielen stellte die Fortuna bis 1970 den deutschen Rekordnationalspieler. Zu seinen Ehren hat man das baufällige Oberligastadion nach ihm benannt. Welche Genugtuung wäre es, wenn der FC Bayern nach dem Abstieg in die Verbandsliga den Bezirkssportplatz Grünwald in „Lodda Matthäus-seine- Arena“ umbenennt.

„Warum kauft PUR nicht mal den Bruder von, sagen wir mal Tanja Schildknecht, und lässt ihn bei Schalke spielen?“

Wer erinnert sich nicht an Sönke Wortmanns „Turek, du bist ein Teufelskerl, Turek, du bist ein Fußballgott“? Auch er schnürte für F95 die gerade erfundenen Stollenschuhe. Oder Häuptling Silberlocke Derwall, der ahnungsloseste Bundestrainer, den der DFB jemals ausgegraben hat, spielte für wen? Na? Und verpasste mit wem die direkte Qualifikation für die Bundesliga bei seiner einzigen Station als Vereinstrainer? Richtig, die Fortuna war es. Oder die Allofs-Brüder. Klaus und der mit den Afro Locken, Thomas. Beides D'dorfer, wie sich die Eingeborenen sehr weltstädtisch nennen. Der prominenteste Sporttreibende der letzten Jahre ist sicherlich der Bruder von Mary aus der Lindenstraße, den angeblich die Toten Hosen Anfang der Neunziger der Fortuna geschenkt haben. Warum kauft PUR nicht mal den Bruder von, sagen wir mal Tanja Schildknecht, und lässt ihn bei Schalke spielen?

Bereits 1933 erringt die Düsseldorfer Glücksgöttin die Deutsche Meisterschaft und somit die Trophäe der Siegesgöttin Viktoria. Leider haben sich die beiden Damen kurze Zeit später anscheinend zerstritten, so dass der von mir beschriebene Klub in den folgenden 71 Jahren 10 Abstiege ertragen musste. Zum Glück ist man zwischendurch immer mal wieder aufgestiegen, weshalb die Jungs nicht in der Kreisliga F pöhlen. Da der schnöde Liga-Alltag den Düsseldorfer Fußballern nicht wirklich liegt, spezialisierte man sich und machte eine Weiterbildung zur Pokalmannschaft. Solche Maßnahmen werden meines Wissens sogar von der Agentur für Arbeit bezahlt.

„War Egon Köhnen die Glatze eingefroren?“

Die Fortunen beschränkten sich auf das zielgerechte Verlieren des Finales. 1938, 1957, 1958, 1962 und 1978 gelang ihnen dies ganz vorzüglich. Als Anerkennung dieser Leistung und weil der rheinische Nachbar Köln zur großen Freude der Spieler aus Heinrich Heines Geburtsstadt das Double errang, durfte die Fortuna die deutschen Farben im Europapokal der Pokalsieger vertreten. Sie taten dies mit der ihnen eigenen Leichtigkeit und verloren das Endspiel gegen Barcelona knapp. Danach geriet Sand ins Getriebe. Aus unerklärlichen Gründen gewannen die Weiß-Roten den Pokal in den Jahren '79 und '80. Lag es an Rudi Bommer und Flemming Lund, dem so genannten Bommerlunder-Sturm? War Egon Köhnen die Glatze eingefroren? Die Männer um den heutigen Bundesjugendtorwarttrainer Jörg Daniel, dem routinierten Altroutinier Gerd Zewe, Wolfgang Seel und den Allofsens hatten am Ende der Schlaghosendekade unglaublichen Erfolg. Und das mit dem damaligen Feuerwehrmann Otto Rehhakles.

In den Achtzigern besannen sich die Rheinländer eines Besseren, verdingten sich als graue Mäuse, bevor sie dann im Bundesligafahrstuhl ihren Dienst verrichten mussten.

„Sittsam liegt der Ball auf seinem Ausgangspunkt — nach dem Freistoß-Trick“

Zwei Ereignisse werden mir aber immer im Gedächtnis verbleiben: Erstens der genialste Freistoß-Trick, den ich je bewundern durfte. Akademische Mauer von Universitatea Craiova. Allofs läuft von rechts an und springt über den Ball, Zewe rennt von links und tippt ihn mit der Sohle an. Zimmermann bewegt sich gar nicht, sondern guckt nur irritiert. Sittsam liegt der Ball auf seinem Ausgangspunkt und lässt sich gerne von einem rumänischen Abwehrspieler mitnehmen. Zweitens, das Glänzen in den Augen meines Studienkollegen und gläubigen F95ers Kai, als er mir berichtete, dass er mit dem FC Lintorf in der ersten Runde des Kreispokals gegen die große Fortuna spielen durfte. Ob der Glanz von Freudentränen oder durch Zähren der Trauer hervorgerufen wurde, werde ich wohl nie erfahren.

Volker Grimm