Foto von F. Beckenbauer mit einem Audi

Der Franz, der kann's. Der Beckenbauer ist halt der Kaiser.

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Die Krise der Automobilindustrie erreicht die Bundesliga

Der Deutschen liebsten Kinder können nicht mehr im Gleichschritt marschieren. Die Fußball-Bundesliga und das Automobil, nicht nur beim Waschen am Samstagnachmittag eigentlich untrennbar miteinander verbunden, werden zukünftig weniger siamesisch zueinander gehören.

Im Opel-Werk Bochum stehen 4000 Arbeitsplätze auf der Kippe. Das ist schlimm, klar, aber was soll man machen? Im Opel-Stammsitz Rüsselsheim sind ebenfalls 4000 Arbeitsplätze bedroht. Oh je. Da sollte man eine Einigung finden, die sozial verträglich ist. Im Opel-Werk in Kaiserslautern könnte es sein, dass weitere tausende Arbeitnehmer demnächst auf der Straße stehen werden. Traurige Geschichte. Hoffentlich finden die Leute was Neues.

Volkswagen muss Kosten einsparen. Das könnte längerfristig zu einem „dramatischen Stellenabbau“ (Hartz I) führen. Na ja, immerhin gibt es ja in Deutschland trotz allem noch ein funktionierendes Sozialsystem. Und wenn kein Geld da ist, was sollen die Manager machen? Nun sind die Wolfsburger ja auch einigen Kummer gewohnt, so dass ein Gehaltssteigerungsverzicht mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen wird, auch wenn der Job nur bis 2011 gesichert ist.

Dumm ist bei der gesamten Problematik, dass die gute Deutsche Wertarbeit auf der Strecke bleiben wird. Keiner schraubt die Schrauben an den Autos so fest wie in den deutschen Werken. Keiner schweißt im Schweiße seines Angesichts so hingebungsvoll wie der deutsche Autoschweißer und keiner ist auch nur ansatzweise so verbunden mit seinem Arbeitgeber — und das tarifrechtlich seit Generationen — wie der deutsche Mann an der deutschen Werkbank und in der deutschen Produktionsstraße. Keiner kommt so schnell auf Betriebstemperatur und arbeitet so pausenlos wie der deutsche Autobauer.

Es droht gar die Einführung der 14-Stunden-Woche.

Gerüchten zufolge soll die Krise der Automobilindustrie nun auch die Fußball-Bundesliga erreichen. 1/3 der Arbeitsplätze soll akut in Gefahr sein. Es drohen im schlimmsten Fall sogar betriebsbedingte Kündigungen und ein Einstellungsstopp. Das ist ausgesprochen alarmierend. Also da muss ich nun aber sagen: DAS GEHT ENTSCHIEDEN ZU WEIT! Was soll denn aus den Profis werden? Da muss man doch auf die Straße gehen und demonstrieren. Solidarität mit unseren Kickern, vor allem den Deutschen, die finden doch keinen neuen Arbeitgeber, vor allem nicht im Ausland. Interessiert sich doch keiner für die armen Jungs. Und gelernt haben die ja schließlich auch nichts. Ok, manche werden von wortsuchenden Journalisten als „gelernte Stürmer“ oder „gelernte Verteidiger“ bezeichnet, aber welcher Arbeitgeber akzeptiert derartige Wortzeugnisse?

So hat Daimler-Konzernsprecher Hartmut Schick angekündigt, dass im Zuge sinkender Einnahmen die Stuttgarter Profis um die WM 2006-Hoffnungsträger Lahm, Hinkel, Kuranyi & Co. den Gürtel „verdammt viel enger“ schnallen müssen. Es droht gar die Einführung der 14-Stunden-Woche. Der Spielerrat müsste dieser Umstellung allerdings noch zustimmen.

Als Ausgleichsmaßnahme ist im Gespräch, die Namensrechte an der Stuttgarter Spielstätte teilweise abzutreten. So könne man sich durchaus vorstellen, dass das Stadion einen neuen Vornamen bekommen könnte. Gottlieb sei im Jahre 2004 sowieso ein langsam aus der Mode kommendes Relikt früherer Tage, so Schick.

Ganz schlimm sieht es in Köln aus.

Das Gerücht, dass ähnliche Maßnahmen auch in Wolfsburg drohen, konnte VW-Vorstand Hartz nicht aus der Welt schaffen. Das Trainerteam um Eric Gerets kündigte allerdings für diesen Fall schon einen Warnstreik an, weil er gar nicht wisse, was er mit seinen Angestellten dann die ganze Zeit über machen solle. „Das ist doch ein Wahnsinn. Dann müsste man weitere Übungsleiter einstellen, die wiederum Geld kosten. Das ist doch ein Widerspruch in sich.“ argumentierte der clevere Belgier, dem dann einige Stunden verloren gingen, so dass er kaum mittags zu Hause sein dürfte.

Ganz schlimm sieht es in Köln aus, wo die Ford-Werke angekündigt haben, den Spielern keine Dienstautos mehr stellen zu können, weil diese damit nicht nur zum Training führen, sondern auch Freizeitfahrten unternähmen. Und da der durchschnittliche Kölner Profi ab 1300 Uhr Gelegenheit zu Freizeitfahrten habe, entstünden Kosten in einer unvorstellbaren Höhe.

Selbst Branchenprimus Bayern München muss sich auf Abstriche gefasst machen. Konnte das Starensemble in besseren Tagen noch lustig im Opel Zafira Standardfahren, Synchronlenken sowie Piaffen und Pirouetten üben, so gibt Partner Audi neuerdings die Order aus, dass es keinesfalls mehr möglich sei, nach Lust und Laune um den Starnberger See, über den Brenner oder sonstwohin zu kutschieren.

Die Geschäftsführungen der meisten Automobilhersteller sind offenbar bereit, längere Protestbemühungen bis hin zu Arbeitsniederlegungen hinzunehmen. Nicht eindeutig geklärt werden konnte allerdings, woran letztere zu erkennen seien. Angesichts der harten Maßnahmen habe man Proteste von zwei bis drei Wochen einkalkuliert, verlautete am Montag aus Kreisen des Automobilherstellerverbandes.

Da die Mitarbeiter im Falle des jetzt in verschiedenen Städten angedachten „wilden Streiks“ keine Prämien und damit weniger Geld erhielten, werde deren Front bald bröckeln. Zudem flössen durch das Nichtstattfinden von Fußballspielen und den damit verbundenen Vertragsbrüchen mit den weiteren Sponsoren, den Medien, den Caterern etc. nicht nur weniger Gelder in die Vereinskassen, sondern es drohen gar Klagen der Unternehmen (Konventionalvergehen), der Wirtschaften (ausbleibender Umsatz) und der Ehefrauen (fehlender freier Samstagnachmittag). Von der VdV angekündigte, später mögliche reguläre Streiks werden die Spieler daher kaum durchführen können.

Die VdV weiß auch keinen Rat mehr

Deutliche Abweichungen von den angekündigten Sparmaßnahmen seien jedenfalls nicht zu erwarten verlautete aus informierten Kreisen, denn die Konzernführungen wie General Motors (GM), Volkswagen (VW), Ford (FORD) u.a. üben erheblichen Druck aus. Das Ziel, jedes Jahr mindestens 500 Millionen Euro einzusparen, sei nicht verhandelbar. Sprechen könne man nur darüber, wie das geschehen solle.

„Es wird sicher zu Personalabbau kommen. Nur der Umfang ist nicht ganz klar”, sagte eine Führungskraft. Darüber hinaus verhandele man sowohl über die Kürzung übertariflicher Gehaltsbestandteile als auch die Streichung bezahlter Erholungspausen während der Spiele und die von Erschwerniszulagen, zum Beispiel Arbeit mit dem Kopf bzw. generell über der Gürtellinie.

Insgesamt also trübe Aussichten für die Bundesliga und die knapp 1000 Aktiven der ersten Reihe, die sie fürstlich ernährt. Die VdV weiß auch keinen Rat mehr und empfiehlt den gebeutelten Spielern erst einmal einen Anwalt der VdV zu nehmen, um sich beraten und vertreten zu lassen.

Für den kommenden Monat soll ein europaweiter Kampftag an allen europäischen Spitzenfußball-Standorten vorbereitet werden. Die IG Ball und der Europäische Ballgewerkschaftsbund (EBB) rufen dazu auf. Zuschauerbelieferbetriebe und andere Belegschaften, die von Arbeitsplatz- und Freizeitangebotsvernichtung sowie Ausbeutungsoffensive betroffen sind, beraten, ob sie sich anschließen.

Es wird spannend bleiben.